In den Vorlageverfahren des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen und des Landgerichts Bochum zum Widerrufsrecht von Verbrauchern, die „Schrottimmobilien“ erworben haben, sind heute die Urteile des EuGH ergangen. Die Verfahren betrafen die Auslegung der Haustürwiderrufsrichtlinie in Fällen, in denen Anleger unaufgefordert von Mitarbeitern der Immobiliengesellschaft oder von selbständigen Vermittlern in einer Haustürsituation dazu verleitet wurden, Immobilien, häufig Eigentumswohnungen, zu erwerben und den Kaufpreis durch Darlehensverträge zu finanzieren.

Nach den Urteilen des EuGH (AZ: C-350/03 und C-229/04) gibt die Richtlinie den Verbrauchern kein Recht zum Widerruf des Immobiliarkaufvertrages, auch wenn dieser durch ein Darlehen finanziert wurde und die Verhandlungen zu dem Kaufvertrag über die Immobilie und über das Darlehen in einer Haustürsituation erfolgten. Nach den Feststellungen des EuGH sind Kaufverträge über Immobilien ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen.

Nach den Entscheidungen des EuGH muss allerdings das Kreditinstitut in Fällen, in denen der Anleger nicht über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages belehrt wurde, die Risiken tragen, die mit in einer Haustürsituation zustande gekommenen Kapitalanlage verbunden sind. Nach der Begründung des EuGH hätte nämlich ein Verbraucher, wäre er von dem Kreditinstitut rechtzeitig belehrt worden, seine Entscheidung, den Kreditvertrag zu schließen, rückgängig machen können und hätte somit auch später den Kaufvertrag über die Immobilie nicht geschlossen. Der EuGH stellt hierzu ausdrücklich fest, dass der Verbraucher es dann auch hätte vermeiden können, sich den Risiken auszusetzen, dass die Immobilie zum Zeitpunkt des Kaufes zu hoch bewertet wird, dass sich die veranschlagten Mieteinnahmen nicht erzielen lassen und dass sich die Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung der Immobilienpreise als falsch erweisen.

Außerdem hat der EuGH auch klargestellt, dass die Anwendung der Richtlinie, wenn ein Dritter im Namen oder für Rechnung der Bank in die Verhandlung oder den Abschluss des Kreditvertrages eingeschaltet war, auch nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass die Bank wusste oder hätte wissen müssen, dass der Vertrag in einer Haustürsituation geschlossen wurde.

Nach den Feststellungen des EuGH obliegt es dem nationalen Gesetzgeber und der Rechtsprechung, diesen Schutz des Verbrauchers im Falle einer fehlerhaften Belehrung über das Widerrufsrecht zu gewährleisten.

Damit wurden nicht alle Hoffnungen erfüllt. Der EuGH hat nämlich dem Widerruf eines Immobiliarkaufvertrages eine klare Absage erteilt. Die Käufer von Schrottimmobilien können sich daher nicht durch einen Widerruf des Immobiliarkaufvertrages von ihren Verpflichtungen befreien.

Zu Rechtsfolgen, die sich aus diesen Entscheidungen des EuGH ergeben, hat der Gerichtshof keine Entscheidung getroffen, sondern hat dies der nationalen Rechtsprechung bzw. ggf. dem Gesetzgeber überlassen. Ein weiterer Streit über die Folgen eines Widerrufes ist daher vorprogrammiert.

Eine mögliche Lösung könnte sein, dass der Darlehensnehmer nach einem wirksamen Widerruf auf der einen Seite gegen die Bank einen Anspruch auf Rückzahlung der bisher geleisteten Zins- und Tilgungsraten hat und auf der anderen Seite der Bank zwar die netto vereinbarte Darlehenssumme, aber nicht die marktüblichen Zinsen, zurückzahlen muss. Denkbar ist auch, dass die Verbraucher, die nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden, an die Bank ihre Rechte aus dem Immobiliarkaufvertrag abtreten können. Dies sind aber nur mögliche Varianten. Letztlich muss über die Rückabwicklung noch eine höchstrichterliche Klärung herbeigeführt werden. Völlig ungeklärt bleiben zunächst auch die Fälle, in denen ein Darlehensvertrag nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages geschlossen wurde.

Positiv ist aber, dass der Verbraucher nun auch entgegen der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH nicht mehr beweisen muss, dass der Bank das Verhalten des Vermittlers bzw. eine Haustürsituation bekannt war.

Entsprechend dem Urteil des EuGH hat der BGH in seinem Urteil vom 12.12.2005 (ebenfalls zitiert unter Rechtsprechung/Kapitalanlagerecht) festgestellt, dass die Bank nach richtlinienkonformer Auslegung des § 1 HWiG von der in der Person eines Verhandlungsführers bestehenden Haustürsituation keine Kenntnis haben muss und es auch nicht darauf ankommt, ob die Bank an ihrer Unkenntnis ein Verschulden trifft oder nicht. Entscheidend sei vielmehr nur, dass objektiv eine Haustürsituation bestanden hat.

Nach dem neuen Urteil vom 12.12.2005 hat der BGH, in dem es um die Finanzierung von Anteilen an einem geschlossenen Fonds ging, festgestellt, dass der Anleger der Bank nichts mehr aus dem Darlehensvertrag schuldet und dafür der Bank nur die Rechte aus dem fehlgeschlagenen Gesellschaftsbeitritt zu übertragen hat, wenn es sich um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG handelt. Nach Ansicht des II. Zivilsenates besteht die nach § 3 I 1 HWiG von dem Anleger an die Bank zurück zu gewährende Leistung bei einem verbundenen Geschäft nicht in der Darlehensvaluta, sondern in dem Gesellschaftsanteil. Ob sich der XI. Senat dieser Rechtsprechung anschließt, ist offen.