Vor einigen Jahren wurden auf der einen Seite unerfahrene Anleger von unseriösen Beratern bzw. Vermittlungsgesellschaften dazu verleitet, Immobilien, insbesondere Eigentumswohnungen, zu erwerben. Die Immobilie sollte dabei von den Käufern nicht selbst genutzt werden, sondern diente dem Zwecke der Kapitalanlage und der Steuerersparnis. Die betroffenen Anleger verfügten in den meisten Fällen nicht über das notwendige Kapital zum Erwerb der Immobilie, so dass die Kaufpreise mit Krediten finanziert werden mussten. Die Beratungsgespräche erfolgten häufig bei den Anlegern zu Hause und die Berater empfahlen nicht nur den Erwerb der Immobilie, sondern vermittelten auch die Aufnahme der Darlehen. Die Anleger hatten keinen unmittelbaren Kontakt zur Bank oder deren Mitarbeitern. In einigen Fällen wurden die Anleger bereits über die ordnungsgemäße Mittelverwendung getäuscht. In anderen Fällen scheiterten die Modelle häufig daran, dass die Wohnungen völlig überteuert waren, die Kalkulation völlig unrealistisch war und sich Mietgarantien als wertlos erwiesen.

Auf der anderen Seite wurden Anleger von unseriösen Vermittlern dazu bewogen, Anteile an geschlossenen Immobilienfonds zu erwerben, die häufig in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) konstruiert waren. Auch in diesem Zusammenhang wurde das für den Beitritt notwendige Kapital kreditfinanziert. Im Übrigen war die Situation vergleichbar mit dem Sachverhalt bei den Geschädigten, die Eigentumswohnungen erworben haben, so dass viele Fonds notleidend wurden.

Bislang war die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) – hier maßgeblich der XI. Zivilsenat in Fällen des Erwerbs von Eigentumswohnungen – hinsichtlich der Rückabwicklung bzw. der Rückzahlung der Darlehensbeträge an die Kreditinstitute sehr restriktiv. Am 14.06.2004 hat nun der II. Senat des BGH mehrere Urteile erlassen, in denen es um den kreditfinanzierten Erwerb von Anteilen an einem Immobilienfonds ging. Im Gegensatz zum XI. Senat gewährt der II. Senat des BGH nun Geschädigten, die Immobilienfondsanteile erworben haben, weitergehende Rechte, insbesondere gegenüber den finanzierenden Banken.

Haustürgeschäfte

Nachdem die sog. Heininger-Entscheidung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften (EuGH) ergangen war, musste zunächst auch der XI. Zivilsenat des BGH bei Haustürgeschäften, in denen also die Anleger zum Abschluss der Anlage- und Kreditverträge in einer Haustürsituation bewogen worden waren, einlenken. Die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes war danach auch bei Darlehensverträgen, die unter das Verbraucherkreditgesetz fallen, nicht mehr ausgeschlossen, soweit das Verbraucherkreditgesetz kein weitreichendes Widerrufsrecht einräumte. Dem Anleger wurde somit grundsätzlich ein Recht zum Widerruf der Darlehensverträge zugestanden.

Die im Anschluss folgenden Entscheidungen zur Rückabwicklung gaben dem Anleger aber wiederum nur „Steine statt Brot“. Auf Grundlage der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats war der Anleger bzw. Kreditnehmer nämlich dann im Rahmen der Rückabwicklung verpflichtet, den Darlehensbetrag an die kreditgebende Bank zurückzuzahlen, auch wenn er den Darlehensbetrag nicht selbst erhalten hatte, sondern dieser unmittelbar an den Bauträger geflossen war.

Eine Ausnahme hiervon bestand lediglich dann, wenn es sich um ein sog. verbundenes Geschäft gemäß des § 9 VerbrKrG handelt. Ein verbundenes Geschäft liegt vor, wenn der Kaufvertrag mit dem Kreditvertrag als wirtschaftliche Einheit anzusehen ist. Dies wird insbesondere nach § 9 VerbrKrG vermutet, wenn sich die Bank bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. Bei Realkreditverträgen, also grundpfandrechtlich abgesicherten Darlehen, half dies dem Kreditnehmer allerdings auch nichts, da nach der damals geltenden Fassung des VerbrKrG für Realkreditverträge die Anwendungen des § 9 VerbrKrG und somit die Regeln für verbundene Geschäfte ausgeschlossen waren.

Für den Fall eines kreditfinanzierten Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds hat der zweite Senat des BGH nun entschieden (Urteil vom 14.06.2004 zum AZ: II ZR 385/01), dass der Anleger nach einem Widerruf gemäß § 1 HWiG nicht verpflichtet ist, der Bank das Darlehen zurückzuzahlen, sondern dass er dem Kreditinstitut lediglich seine Fondsanteile abzutreten hat, wobei ihm die Bank umgekehrt die Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten abzüglich vereinnahmter Erträge schuldet. Der Bundesgerichtshof bejaht in diesem Zusammenhang ein verbundenes Geschäft bezüglich Darlehensvertrag und dem Vertrag über den Fondsbeitritt, da die Verträge als wirtschaftliche Einheit insbesondere deshalb anzusehen sind, da das Kreditinstitut den Initiatoren bzw. dem Vermittlungsunternehmen ihre Darlehensformulare überlassen hatte.

Wenn also der Kreditvertrag in einer Haustürsituation angebahnt worden ist, besteht nach § 1 Abs. 1 HWiG das Recht zum Widerruf, wenn die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen ist, weil die Widerrufsbelehrung fehlte oder nicht ordnungsgemäß war. Dabei ist dem Kreditinstitut eine Haustürsituation dann zuzurechnen, wenn es sich über die Umstände der Vertragsverhandlungen erkundigen musste. Eine derartige Pflicht der Bank hat der BGH dann angenommen, wenn die Bank in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden ist, insbesondere dadurch, dass sie dem Vermittler bzw. Berater ihre Vertragsformulare überlassen hat und sie von einer Haustürsituation ausgehen musste, etwa weil als Ort der Vertragsunterschrift der Wohnort der Darlehensnehmer angegeben war, das Kreditinstitut aber die Formulare zum Sitz des Vermittlers geschickt hatte.

Nach einem Widerruf ist die Bank verpflichtet, dem Anleger die Zahlungen, die er auf den Kredit geleistet hat, zurück zu gewähren. Zahlungen oder sonstige Ausschüttungen, die der Anleger allerdings aus dem Fonds erhalten hat, muss er sich anrechnen lassen. Auf der anderen Seite ist der Anleger, da es sich nach Ansicht des II. Zivilsenats um ein verbundenes Geschäft handelt, nicht verpflichtet, der Bank das Darlehen zurückzuzahlen.

In einem weiteren Urteil vom gleichen Urteil (AZ: II ZR 385/02) hat der BGH außerdem noch entschieden, dass etwaige Steuervorteile im Rahmen einer Vorteilsausgleichung bei einer Rückabwicklung nach dem HWiG nicht zu berücksichtigen sind.

Täuschung beim Fondsbeitritt

Wurde der Anleger etwa durch falsche Angaben des Beraters bzw. Vermittlers durch Täuschung zum Kauf einer Immobilie veranlasst, hatte der XI. Zivilsenat des BGH nach ständiger Rechtsprechung (etwa BGH, Urteil vom 27.06.2000, AZ: XI ZR 210/99) angenommen, dass eine derartige Täuschung dem finanzierenden Kreditinstitut nicht zuzurechnen sei, da sich die Bank ein fehlerhaftes Verhalten des Beraters nur insoweit zurechnen lassen muss, soweit es die Anbahnung des Kreditvertrages betrifft. Auch im Übrigen hatten Täuschungen der Initiatoren der Immobilienanlage, da es sich nach Ansicht des XI. Senats bei der Finanzierung und dem Erwerb grundsätzlich um zwei separate Verträge handelt, keinen Einfluss auf den Darlehensvertrag.

Mit Urteil vom 14.06.2004 (AZ: II ZR 374/02) hat der II. Zivilsenat des BGH nun hinsichtlich des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds entschieden, dass der Anleger, wenn er bei dem Fondsbeitritt getäuscht worden ist, die daraus gegen die Gründungsgesellschafter und die sonst für die Täuschung Verantwortlichen folgenden Schadensersatzansprüche auch der Bank entgegenhalten kann.

Der II. Senat hat zunächst nochmals die Feststellungen bestätigt, dass der Beitritt zu einem Immobilienfonds und das diesen Beitritt finanzierende Darlehen ein verbundenes Geschäft darstellen, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen.

Wird der Anleger beim Beitritt über die Hintergründe und Risiken getäuscht, kann er dann die Gesellschaftsbeteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten. Nach Ansicht des zweiten Zivilsenats kann dieses Kündigungsrecht auch dadurch ausgeübt werden, dass der Anleger der Bank mitteilt, er sei durch Täuschung zu dem Fondsbeitritt veranlasst worden und er die Übernahme des Gesellschaftsbeitritts anbietet. Die Kündigung muss also nicht mehr zuvor ausdrücklich gegenüber der Fondsgesellschaft werden.

Im Anschluss kann der Anleger dann seine ihm gegen die Immobiliengesellschaft und sonst für die Täuschung Verantwortlichen zustehenden Schadensersatzansprüche der Bank entgegenhalten, so dass er so zu stellen ist, als wäre er dem Fonds nicht beigetreten und als hätte er den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen. Der Anleger muss in diesem Rahmen der Bank seine Gesellschaftsbeteiligung einschließlich der Schadensersatzansprüche abtreten. Auf der anderen Seite ist er aber nicht mehr verpflichtet, das Darlehen, selbst wenn dieses an einen Treuhänder geflossen ist, an die Bank zurückzuzahlen, und der Anleger hat einen Anspruch gegen die Bank auf Rückgewähr der bisher auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen. Dabei muss sich der Anleger allerdings im Wege der Vorteilsausgleichung sonstige Leistungen oder Ausschüttungen des Fonds und auch Steuervorteile, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüberstehen, anrechnen lassen.

Nichtigkeit des Kreditvertrages wegen eines Verstoßes gegen Formvorschriften des VerbrKrG bzw. wegen Unwirksamkeit der Treuhändervollmacht.

Wenn in einem Kreditvertrag zwingende Angaben, die nach § 4 Abs. 1 VerbrKrG (nun § 492 BGB) vorgeschrieben sind, fehlen, ist der Darlehensvertrag nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG (nun § 494 BGB) nichtig.

Ein derartiger Formmangel konnte allerdings nach § 6 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG (nun § 494 II BGB) geheilt werden, wenn der Kreditnehmer bzw. Verbraucher das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt. Der XI. Zivilsenat des BGH vertritt hierzu die Ansicht, dass der Darlehensbetrag auch dann empfangen worden ist, wenn dieser nicht an den Darlehensnehmer selbst, sondern auf dessen Weisung an einen Dritten, insbesondere an den Treuhänder, ausgezahlt worden ist.

Da hier aber nach Ansicht des zweiten Senats jedenfalls ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG vorliegt, werden formelle Mängel jedenfalls nicht durch die Auszahlung des Darlehens geheilt.

Der mögliche Einwendungsdurchgriff war nach Meinung des BGH auch nicht durch § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen, da es sich um einen Realkredit handelte. Der BGH stellte hierzu fest, dass die Ausnahmevorschrift in diesem Fall nicht eingreife, da die Sicherung mit Grundpfandrechten bereits im Rahmen einer vorherigen Zwischenfinanzierung und nicht im Zusammenhang mit der eigentlichen Darlehensgewährung an den Anleger erfolgte. Diese Ausnahme sei gerechtfertigt, weil die vorherige Bestellung der Grundpfandrechte im Rahmen der Zwischenfinanzierung ohne notarielle Beurkundung und der damit verbundenen Schutzvorkehrungen erfolgte.

Außerdem hat der zweite Senat in diesem Urteil auch nochmals die Rechtsprechung des BGH bestätigt, nach der die einem Treuhänder erteilte Vollmacht dann gemäß § 134 BGB i. V. m. Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz nichtig ist, wenn der Treuhänder zum Abschluss von Verträgen bevollmächtigt wird und dafür keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz hat. Auch in diesem Zusammenhang übte der II. Zivilsenat Kritik an der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats, wonach die Vollmacht gemäß §§ 171, 172 BGB sowie den Grundsätzen der Duldungs- und Anstandsvollmacht als wirksam zu behandeln sein kann. Nach Ansicht des II. Zivilsenats kommt eine derartige Rechtsscheinhaftung bei einem verbundenen Geschäft im Rahmen eines kreditfinanzierten Beitritts zu einem geschlossenen Immobiliefonds mit einheitlicher Vertriebsorganisation nicht in Betracht. Wenn die Bank Vertragsformulare den Initiatoren oder Gründungsgesellschaftern oder den Vermittlungsunternehmen überlässt und die Darlehensverträge nicht mit den einzelnen Anlegern, sondern mit dem von den Initiatoren und Gründungsgesellschaftern ausgewählten Treuhänder schließt, gliedert sie sich bewusst in die Vertriebsorganisation ein, so dass sich die Bank bei dieser Sachlage nicht wie ein gutgläubiger Dritter behandelt werden kann. Ob eine Rechtsscheinhaftung besteht oder nicht, konnte aber letztlich offen bleiben, da in diesem Fall eine Rechtsscheinhaftung ohnehin nicht in Betracht kam, da die Vollmachtsurkunde im Original oder in notariell beglaubigter Ausfertigung ohnehin nicht vorgelegt worden war und sich auch sonst keine Umstände für eine Rechtsscheinhaftung ergaben.

Im Falle der Nichtigkeit des Kreditvertrages wegen formeller Mängel gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG bzw. wegen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz muss die Bank dem Kreditnehmer bzw. Anleger die gezahlten Kreditzinsen zurückerstatten. Der Anleger seinerseits schuldet der Bank aber weder die Rückzahlung des Darlehensbetrages noch Ersatz für die Nutzungen des Kredits.

Jedenfalls für die Anleger, die sich an einem Immobilienfonds beteiligt haben und bei denen der Beitritt kreditfinanziert wurde, wurden die Rechte der Anleger gegenüber der Bank durch die Urteile des II. Zivilsenats erheblich gestärkt.

Es bleibt aber in jedem Einzelfall detailliert zu prüfen, ob dem Anleger auch ein Widerrufsrecht nach dem HWiG zusteht, und ob Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschafter und Initiatoren begründet sind, die er dem Kreditinstitut entgegenhalten kann bzw. ob formelle Mängel nach dem VerbrKrG vorliegen bzw. ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegt.

Die Entwicklung bei unmittelbaren Immobilienbeteiligungen, etwa Eigentumswohnungen, bleibt abzuwarten. Diesbezüglich ist auf Vorlage des Landgerichts Bochum bei dem Europäischen Gerichtshof ein Verfahren anhängig. Je nach dessen Ausgang muss dann unter Umständen auch der XI. Senat seine bisherige restriktive Rechtsprechung ändern.