OLG München, Urteil vom 13.12.2001, AZ: 19 U 4293/01
Zum Sachverhalt:
Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung aufgrund eines konkludent geschlossenen Beratungsvertrages. Der Beklagte hatte den Kläger am 21.03.1995 in dessen Wohnung aufgesucht, um diesem eine Festgeldanlage bei der Inter Capital Bank zu offerieren. Unstreitig brachte der Beklagte dem Kläger ein Kontoeröffnungsformular der Inter Capital Bank mit, und füllte dieses für den Kläger aus. Im Rahmen dieses Gesprächs bezeichnete sich der Beklagte als fachkundig, und die von ihm angebotene Anlage als absolut sicher. Nach Außen trat der Beklagte als Finanzkaufmann auf.
Zu einem späteren Zeitpunkt stellte sich heraus, dass die Inter Capital Bank über keine Erlaubnis nach Kreditwesengesetz verfügte Einlagengeschäfte zu tätigen und bereits 1994 als Gesellschaft aufgelöst worden war.
Aus den Gründen:
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts- des Landgerichts München II – ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten zumindest konkludent ein Beratungsvertrag abgeschlossen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es zu einem solchen Vertragsabschluss, wenn der Anlageinteressent deutlich macht, dass er hinsichtlich einer bestimmten Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGH, WM 2000, 426 ff). Den stillschweigenden Abschluss eines Beratungsvertrages hat der Bundesgerichtshof außerdem dann angenommen, wenn der Vermittler Auskünfte erteilt, die für den Anlageinteressenten erkennbar von erheblicher Bedeutung sind und die dieser zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen machen will. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Vermittler sich für die Erteilung der Auskunft als fachkundig ausgibt oder bei ihm ein eigenes wirtschaftliches Interessen im Spiel ist (BGH; NJW 1979, 1449ff;BGH NJW 1992, 2082ff; BGH, NJW – RR 1993, 1114ff). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Ob der Beklagte mit seinen Vermittlungen auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt hat, ist unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet der Beratungsvertrag eine Informationspflicht des Vermittlers hinsichtlich der wirtschaftlichen Plausibilität der Anlage und der Bonität des Anbieters (BGH NJW-RR 1993, 1114 ff; BGH WM 2000, 426ff).
Dieser Informationspflicht genügte der Beklagte mit seinen Anrufen bei Standard Poors und bei Moodys in London im Jahr 1993 nicht. Die erhaltene Antwort, die Inter Capital Bank Ltd. sei bekannt und bisher nicht negativ in Erscheinung getreten ist viel zu allgemein um daraufhin eine Anlage bei dieser Bank bedenkenfrei empfehlen zu können. Die von der Tante des Beklagten im Jahre 1989 getätigte Anlage hat diesen nicht von weiteren Nachforschungen entbunden. Vielmehr hätte der Beklagte wegen des Firmensitzes auf der Karibikinsel Anguilla und aufgrund der Tatsache, dass die Inter Capital Bank eine Offshore Bank war, intensive Nachforschungen anstellen müssen – insbesondere hinsichtlich der Bonität.
Soweit der Vermittler keine sicheren Informationen über die Bonität des Anbieters und über die Sicherheit einer bestimmten Kapitalanlage hat, ist er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht befugt, diese Kapitalanlage als absolut sicher zu bezeichnen. Er ist vielmehr verpflichtet, dem Interessenten zu offenbaren, dass seine positive Meinung über diese Kapitalanlage eine subjektive Einschätzung ist, die nicht auf objektiven Informationen beruht (BGH NJW-RR 1993, 1114ff). Dieser Offenbarungspflicht hat der Beklagte nicht genügt, sondern die Festgeldanlage bei der Inter Capital Bank als absolut sichere Kapitalanlage bezeichnet.
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er von der Sicherheit der Festgeldanlage bei der Inter Capital Bank überzeugt war, da er selbst einen Betrag bei dieser Bank angelegt hat. Entscheidend für sein Verschulden ist die oben dargestellte Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt.
Auch ein Mitverschulden des Klägers ist nicht zu erkennen, der von Beruf Feuerwehrmann ist und sich deshalb ratsuchend an den sich als fachkundig ausgebenden Beklagten gewandt hat.
Dem Kläger ist auch ein Schaden entstanden, da seine Einlage, die im Juli 2000 zusammen mit dem Zins und dem Bonus für das letzte Anlagejahr zurückbezahlt werden sollte, nicht ausgezahlt worden ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger und die anderen Geschädigten ihr Geld zurückerhalten werden. Die Inter Capital Bank, die mit Ablauf des 31.12.1991 ihre Banklizenz verloren hat, ist am 15.05.1994 liquidiert worden. Die Behauptung des Beklagten, die Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz und in Deutschland hätten so viel Geld beschlagnahmt, dass der Kläger seine Einnahmen zurückerhalten werde, ist bestritten. Der insoweit beweispflichtige Beklagte hat keine Beweismittel benannt, die die Richtigkeit seiner Behauptung bestätigen könnten.
Alexander Engelhard ist seit 1991 zugelassener Anwalt.
Seine Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Kapitalanlagerecht, Wertpapierrecht, Bank- und Börsenrecht, dem Recht der Warentermingeschäfte, im Erbrecht sowie dem internationalen Privatrecht.
Rechtsanwalt Engelhard ist darüber hinaus für verschiedenste Veröffentlichungen im Bereich des Kapitalanlagerechts verantwortlich.