Sachverhalt:
Dem Arbeitnehmer, der am 20.08.2004 angestellt wurde, geht am 15.02.2005 eine Abmahnung vom 14.12.2004 wegen eines Verstoßes gegen arbeitsvertragliche Pflichten zu. Am darauf folgenden Tag, 16.02.2005, erhält er eine ebenfalls auf den 14.02.2005 datierende unbegründete Kündigung zum 1.03.2005. Abmahnung, Kündigung und der Arbeitsvertrag wurden nicht vom Arbeitgeber selbst, sondern von einer Angestellten des Arbeitgebers mit „i.A.“ unterzeichnet. Der gekündigte Arbeitnehmer erhebt daraufhin Klage gegen die Kündigung mit der Begründung, die Kündigung sei unwirksam, da der Zusatz „i.A.“ gegen Schriftformerfordernisse verstößt und durch die Abmahnung vom 14.12.2005 das Kündigungsrecht verwirkt sei. Klage und Berufung bleiben weitgehend erfolglos. Das BAG hebt das Urteil des LAG auf und verweist es zurück.

Aus den Gründen:
Die Kündigung verstößt nicht gegen die Schriftformerfordernisse und ist somit formwirksam. Grundsätzlich muss das Vertretungsverhältnis deutlich zum Ausdruck kommen, wenn der Vertreter die Erklärung für eine Vertragspartei unterzeichnet. Erfolgt dies nicht ausdrücklich, muss der rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde angedeutet sein. Dabei ist zur Ermittlung, ob die Erklärung in fremden Namen abgegeben worden ist, eine Auslegung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, § 133, 157 BGB, vor zu nehmen. Grundsätzlich spricht zwar das Unterzeichnen mit der Abkürzung „i.A.“ aus der Sicht des BAG im Gegensatz zu „i.V.“ eher nicht für eine Vertretung, trotzdem bejaht der BAG im konkreten Fall das Vorliegen eines rechtsgeschäftlichen Vertretungswillens bei entsprechender Auslegung. Als Gründe für diese Entscheidung nennt er einerseits die Tatsache, dass die Unterzeichnerin gegenüber dem Arbeitsnehmer bereits von Anfang an als Vertreterin aufgetreten sei, andererseits, dass dem Kündigungsschreiben eine Generalvollmacht beigefügt war. Zu dem ist in die Auslegung mit ein zu beziehen, dass im allgemeinen, nichtjuristischen Sprachgebrauch kaum zwischen „Auftrag“ und „Vertretung“ unterschieden wird.

Ob die Kündigung inhaltlich unwirksam ist, da sie unbegründet ist, kann das BAG anhand der getroffenen Feststellungen des LAG trotzdem nicht abschließend beurteilen. Zunächst ist fest zu stellen, dass der Ausspruch einer Abmahnung grundsätzlich einen Verzicht des Arbeitgebers auf sein Kündigungsrecht aus den Abmahnungsgründen darstellt. Etwas anderes gilt, wenn aus der Abmahnung selbst oder den Umständen nach gem. §§ 133, 157 BGB hervorgeht, dass die Sache mit der Abmahnung noch nicht „erledigt“ ist. Kommt dies aber nicht zum Ausdruck, verzichtet der Arbeitsgeber mit Ausspruch der Abmahnung auf sein Kündigungsrecht aus den Abmahnungsgründen, d.h. der Arbeitsgeber kann den Arbeitsnehmer nicht allein aus den bereits abgemahnten Gründen kündigen, sondern muss zumindest zusätzlich weitere Kündigungsgründe nennen.
Ferner haben diese Grundsätze auch in der Wartezeit des § 1 I KSchG Geltung, da es sich bei diesen um allgemeine zivilrechtliche Grundsätze handelt. Zwar bedarf es gem. eines Umkehrschlusses aus § 1 I KSchG während der Wartezeit gerade keiner sozialen Rechtfertigung der Kündigung, doch wenn die Kündigung in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt, wie es hier der Fall ist, könnte dies für eine Kündigung aus den Abmahnungsgründen sprechen. In diesem Fall müsste der Arbeitgeber auch während der Wartezeit andere weitere Gründe für die Kündigung des Arbeitnehmers angeben.

Kommentar:
Aus praktischer Sicht ist das Hauptaugenmerk auf die Geltung des Grundsatzes über den Kündigungsverzicht zu richten. Der Arbeitgeber verzichtet durch Ausspruch einer Abmahnung auf sein Kündigungsrecht aus den Abmahnungsgründen. Dieser Verzicht ist laut BAG nun auch für Kündigungen während der Wartezeit relevant. Gerade Kündigungen, bei denen es aufgrund der Umstände, zeitlicher Zusammenhang, etc., zu vermuten ist, dass sie aufgrund der bereits abgemahnten Gründe erfolgen, hat der Arbeitsgeber andere weitere Gründe neben den bereits abgemahnten zu nennen.

Falls der Arbeitsgeber Kündigungen nicht selbst unterzeichnet, sollte darauf geachtet werden, dass der Angestellte die Kündigung mit der Abkürzung „i.V.“ unterzeichnet und der Kündigung eine Generalvollmacht belegt, um den erforderlichen rechtsgeschäftlichen Vertretungswillen zu verdeutlichen.