In der Vergangenheit haben Anlagefirmen, wie zum Beispiel die Firma Captura GmbH, aus Grasbrunn bei München, immer wieder mit Anlegern im Rahmen von Darlehensverträgen nachrangige qualifizierte Rangrücktrittsklauseln vereinbart.

In den Angebotsbedingungen der entsprechenden Firmen, wie z. B. bei der Firma Captura GmbH, findet sich dann folgender Text:

„Der Darlehensgeber wird Gläubiger, also Kreditgeber der Emittentin. Es handelt sich nicht um eine gesellschaftsrechtliche oder unternehmerische Beteiligung. Dem Darlehensgeber werden keinerlei Stimmrechte, Mitgliedsrechte, Geschäftsführungsbefugnisse oder Mitspracherechte eingeräumt. Grundsätzlich unterliegt die Vergabe eines Nachrangdarlehens dem Totalverlustrisiko. Der Darlehensgeber übernimmt mit dem qualifizierten Rangrücktritt eine Finanzierungsverantwortung für die Emittentin.

„Der qualifizierte Rangrücktritt bedeutet, dass im Falle der Insolvenz oder Liquidation der Emmitentin etwaige Rückzahlungen des Darlehens bzw. etwaige Zahlungen der Zinsen erst dann an den Darlehensgeber geleistet werden dürfen, wenn andere – nicht nachrangige – Gläubiger vorrangig und vollständig befriedigt worden sind. Außerdem bleibt der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehens und/oder auf Zahlung der Zinsen soweit und solange ausgeschlossen, wie die Geltendmachung dieser Ansprüche zur Herbeiführung eines Insolvenzeröffnungsgrundes (Überschuldung und/oder drohende Zahlungsunfähigkeit) bei der Emittentin führen würde. Der qualifizierende Rangrücktritt des Darlehens kann mithin eine insolvenzverhindernde Wirkung haben.“

Was bedeutet nun eine entsprechende Formulierung für den unerfahrenen Anleger und welche Konsequenzen hat dies. Hierzu einiges Grundsätzliches.

Bei vorgenannter Klausel handelt es sich um ein Vehikel, das sich als bankenunabhängiges Finanzierungsinstrument von Unternehmen etabliert hat, nicht zuletzt deshalb, weil Nachrangdarlehen praktisch den Spielraum eines Unternehmens erhöhen, neben dem Nachrangkapital weitere nicht nachrangige Fremdverbindlichkeiten aufzunehmen.

Nachrangdarlehen vereinen Eigenschaften von Eigen- und Fremdkapital und zählen damit zu den mezzaninen Finanzierungsformen, ebenso wie Genussrechte und stille Beteiligungen. Im Endeffekt handelt es sich um eine unternehmerische Risikobeteiligung mit Totalverlustrisiko.

Nachrangdarlehen, die eine – so im vorliegenden Fall – insolvenzverhindernde, qualifizierte Nachrangklausel aufweisen, gehören wie Genussrechte und stille Beteiligungen zum grauen Kapitalmarkt, denn Unternehmen, die rückzahlbare Publikumgsgelder über qualifiziert nachrangige Anlageangebote einsammeln, brauchen hierfür keine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, wenn hinreichend erkennbar ist, dass mit dem insolvenzverhindernden qualifizierten Nachrang die Bedingung der Rückzahlbarkeit der angenommenen Gelder verbunden ist. Deshalb unterliegen unverbriefte Nachrangdarlehen auch noch keiner gesetzlichen Prospektpflicht.

Einfache Nachrangklauseln gibt es in zahlreichen Ausgestaltungen, die mehr oder weniger auf die speziellen Ziele der Darlehensnehmer zugeschnitten sind. Die Klauseln regeln die Reihenfolge, in der im Insolvenzfall die Inhaber von Forderungen aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Je schlechter die Rangposition der Forderungen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ihre Inhaber im Insolvenzverfahren auch nur teilweise bedient werden. Sie werden nur berücksichtigt, wenn das Vermögen ausreicht, alle Gläubiger mit höherem Rang vollständig zu befriedigen. Ein solcher „einfacher“ Nachrang ist also eine reine Verteilungsregel für den Insolvenzfall. Solange kein Insolvenzverfahren eröffnet ist, kann ein Gläubiger, der nicht sogleich Gesellschafter ist, den verliehenen Geldbetrag grundsätzlich in voller Höhe zurückfordern, sobald die Forderung fällig ist. Die Aufnahme solcher Gelder ist darum als Bankgeschäft erlaubnispflichtig nach § 32 I Kreditwesengesetz.

Eine qualifizierte Nachrangklausel, wie sie z. B. von der Firma Captura GmbH verwandt wurde, ergänzt eine einfache Nachrangklausel um eine insolvenzverhindernde Qualifikation.

Beim qualifizierten Nachrang vereinbaren die Parteien, dass die Forderungen des Darlehensgebers auch dann nicht bedient werden, wenn die Rückzahlung einen Insolvenzgrund herbeiführen würde. Gerade unerfahrene Kleinanleger laufen Gefahr, derartige Klauseln von Anbietern untergeschoben zu bekommen.

Dass qualifizierte Nachrangdarlehen erlaubnisfrei sind, sollte den Anleger nicht zu der Fehlannahme verleiten, dass es sich um risikoarme Kapitalanlagen ohne besonderen Informationsbedarf handelt. Das Gegenteil ist wahr: Gerade Kleinanleger ohne Erfahrung in der Unternehmensfinanzierung erkennen oft nicht, dass sie mit dem Nachrangdarlehen, die vom Vertragswerk her relativ einfach wirken, eine unternehmerische Mitfinanzierungsverantwortung übernehmen. Ein Darlehensgeber, der mit dem Darlehensnehmer einen qualifizierten Nachrang vereinbart hat, muss sein Kapital wie ein Gesellschafter auch und gerade dann in dem Unternehmen belassen, wenn es in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, während ein anderer Drittgläubiger sein Kapital eher abziehen würde.

Für einen Anleger besteht ein anderes und deutlich höheres Risiko als das allgemeine Insolvenzausfallrisiko. Der Darlehensgeber spekuliert letztlich auf das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens, ohne dass ihm die Informations- und Kontrollrechte eines Gesellschafters zustünden. Das Unternehmen kann das Nachrangkapital zu Gunsten anderer Gläubiger verbrauchen, ohne zunächst Insolvenz anmelden zu müssen.

Bei einer entsprechenden Nachrangklausel besteht folglich immer die Gefahr, dass ein Gläubiger im Insolvenzverfahren auch nachrangig behandelt wird, d. h. zunächst werden aus der vorhandenen Insolvenzmasse die vorrangigen Gläubiger befriedigt. Dies hat die Konsequenz, dass die nachrangigen Gläubiger oft mit ihren Forderungen im Insolvenzverfahren ausfallen.

Von daher muss im Einzelfall anwaltlich geprüft werden – meist handelt es sich bei den entsprechenden Darlehensbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen – ob diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen das Recht zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen.

So kann z. B. die Nachrangklausel, als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in den Darlehensvertrag mit einbezogen worden sein. Eine entsprechende Einbeziehung konnte auch dann nicht erfolgt sein, wenn die Klausel überraschend war. Schließlich muss auch geprüft werden, ob die Klausel unwirksam ist, da sie einen Anleger unangemessen benachteiligt oder z. B. gegen das Transparenzgebot verstößt.

Unter Umständen gelingt es auf diesem Wege die Nachrangklausel auszuhebeln und der Anleger ist dann als nicht nachrangiger Gläubiger im Insolvenzverfahren zu behandeln, was seine Quotenaussichten natürlich erheblich verbessert.

 

Stand: 09.10.2015